Donnerstag, 27. Januar 2011

Den Deutschen schmeckt ihr Bier nicht mehr

Verkauf sinkt auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung - Alkoholfreie Getränke legen in der Verbrauchergunst deutlich zu.



Bier ist Deutschland. Mit diesem Spruch werben die heimischen Brauer seit einigen Monaten für den Bierstandort Bundesrepublik. Und von ungefähr kommt dieser Slogan tatsächlich nicht. Immerhin gibt es hierzulande über 1300 Brauereien und damit so viele wie in keinem anderen Land der Welt. Diese Brauereien allerdings bekommen zunehmend Probleme. Denn den Deutschen schmeckt ihr Bier offenbar nicht mehr. Der Konsum jedenfalls ist 2010 wie schon in den Jahren zuvor erneut zurückgegangen. Nur noch 98,3 Millionen Hektoliter konnten die heimischen Brauer im vergangenen Jahr verkaufen, meldet das Statistische Bundesamt. Das ist der niedrigste Wert seit der Wiedervereinigung.
Unter dem Strich reduzierte sich der Bierausstoß um 1,7 Prozent. Ohne die überraschend guten Exportzahlen wären es sogar fast drei Prozent gewesen. "Der kalte Jahresbeginn und die verregnete zweite Jahreshälfte haben der Branche zu schaffen gemacht", begründet Peter Hahn, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes (DBB). Diese beiden Faktoren habe selbst der sprunghaft angestiegene Bierverkauf während der Fußball-Weltmeisterschaft - in den vier Turnierwochen lagen die Verkaufszahlen fast acht Prozent über dem Vergleichswert aus dem Vorjahr - nicht wettmachen können. "Bier ist eben ein wetterabhängiges Produkt", sagt Hahn.
Die schlechten Temperaturen waren 2010 aber nicht das einzige Problem für Deutschlands Brauer. Immerhin summiert sich der Absatzverlust nun schon auf stattliche zehn Prozent binnen der letzten zehn Jahre. Zu schaffen machen der Branche dabei vor allem zwei Tendenzen: Zum einen altert die Gesellschaft - und ältere Menschen trinken weniger und gehen nicht mehr so oft in die Kneipe. Zum anderen verändert sich das Konsumverhalten der jüngeren Generationen. "Sie trinken deutlich mehr alkoholfreie Getränke", sagt Brauer-Bund-Vertreter Hahn.
Das gilt auch für 2010. So meldet die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (WAFG) erneut steigende Absatzzahlen. Auf 118,2 Liter stieg der Pro-Kopf-Verbrauch. Das sind 1,2 Liter mehr als noch 2009 und vor allem ist es der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Größter Aufsteiger waren dabei Schorlen mit einem Zuwachs von allein 8,4 Prozent. Und WAFG-Geschäftsführer Detlef Groß rechnet damit, dass sich diese Aufwärtsentwicklung seiner Branche noch fortsetzen wird.
Kaum verwunderlich also, dass auch die Brauer zunehmend auf alkoholfreie Getränke setzen. Deutschlands größte Brauerei-Gruppe Radeberger hat etwa vor gut einem Jahr Bionade gekauft, Branchengröße Krombacher hat zuvor schon Schweppes übernommen und Karlsberg ist beim Mineralbrunnen Überkingen eingestiegen. Mit Aqua Vitalis bieten die Saarländer zudem ein Erfrischungsgetränk mit Vitaminen an.
Für den Biermarkt dagegen sind die Aussichten wohl weiterhin nur trübe. "Der Markt wird weiter schrumpfen", sagt zum Beispiel Michael Huber, der Generalbevollmächtigte der Sauerländer Privatbrauerei Veltins. Ohne den Rückwind der Fußball-WM könne der Konsumrückgang sogar noch stärker ausfallen als 2010.

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