Samstag, 5. Februar 2011

Cannabis Schädlich für Gesunde, nützlich für Kranke :

Studien bestätigen, dass Kiffen zu Psychosen führen und das Gehirn beeinträchtigen kann. Andererseits kann der Cannabis-Wirkstoff THC auch in der Medizin eingesetzt werden. In Deutschland will die Regierung künftig Cannabis auf Rezept erlauben.


Der Cannabis-Konsum bei Jugendlichen hat sich laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen innerhalb der vergangenen zehn Jahre verdoppelt. Drogenbeauftragte warnen vor der psychischen Abhängigkeit, die das Kiffen auslösen kann. Gefährlich ist auch die steigende Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC), dem berauschenden Wirkstoff von Cannabis. Lag der Gehalt von THC in Cannabisprodukten früher bei fünf Prozent, ist er heute bis zu sechsmal so hoch, sagen Wissenschaftler. Für Peter Melchers, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Kreiskrankenhaus Gummersbach, besteht ein "Zusammenhang zwischen der immer höheren Konzentration des THCs in den Cannabisprodukten und einer ganz gravierenden Zunahme der Begleiterkrankungen".



Der in Cannabis enthaltene Wirkstoff THC kann auch als Medikament eingesetzt werden, zum Beispiel, um die Schmerzen von Krebspatienten zu lindern oder die Symptome von Multipler Sklerose zu mildern. Bisher mussten Betroffene langwierig darum kämpfen, solche Medikamente nutzen zu dürfen: Bundesweit gibt es derzeit nur 40 Patienten, die Cannabis-Medikamente beziehen.
Das soll sich jetzt ändern. Die schwarz-gelbe Koalition hat am Dienstag beschlossen, Cannabis zur Therapie von Schwerkranken zuzulassen. Allerdings nur unter strengen Voraussetzungen: nur bei bestimmten Diagnosen und als sogenanntes Betäubungsmittelrezept, das nicht alle Mediziner ausstellen dürfen. Der übrige Konsum von Cannabis bleibt auch weiterhin verboten.

Suchtexperte Rainer Thomasius vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf fügt hinzu: "Wir hatten noch nie so viele cannabisabhängige Kinder und Jugendliche, wie das zur Zeit der Fall ist". Dem Mediziner zufolge sind deutschlandweit mindestens 150.000 Kinder und junge Erwachsene abhängig. "Fünf bis zehn Prozent einer Altersgruppe weisen problematische Cannabis-Konsummuster auf, in Großstädten sind bis zu 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler cannabiserfahren."

Wer regelmäßig kifft, könne dauerhafte Erkrankungen wie eine Psychose riskieren, warnen die Mediziner. "Das kann im Extremfall auch dazu führen, dass Menschen schon in sehr jungen Jahren in eine Behinderung einmünden, indem eben diese ausgebrochene Psychose nicht mehr reversibel ist", sagt Melchers. Verschiedene Untersuchungen liefern zudem Hinweise, dass es einen Zusammenhang zwischen Kiffen und der späteren Entwicklung psychotischer Störungen gibt.

Eine dieser Studien orientiert sich an Beobachtungen, die in den 60er-Jahren in Jamaika gemacht wurden. Dort fiel auf, dass überdurchschnittlich viele Menschen kifften und an Psychosen erkrankten. Gleichzeitig wurde beobachtet, dass manche "Kampf-Kiffer" keinen Schaden davon trugen. Die niederländische Psychologin Cecile Henqet ging diesem Widerspruch auf den Grund. In Tests stellte sie fest, dass neben dem frühen Einstiegsalter eine bestimmte genetische Veranlagung zu psychischen Störungen führen kann. Drei Gentypen konnten identifiziert werden.

Die ungünstige Genvariante erhöht das Psychose-Risiko um das Fünffache. Testpersonen mit entsprechender genetischer Veranlagung bekamen beispielsweise schon nach einem Joint Wahrnehmungsstörungen und schnitten im Versuch schlechter ab. Das höchste Risiko, an einer Psychose zu erkranken, haben laut Testergebnis sehr junge Einsteiger, regelmäßige Kiffer und Cannabiskonsumenten mit einer ungünstigen Genvariante. Kommen diese drei Voraussetzungen zusammen, riskiert der Betreffende möglicherweise seine geistige Gesundheit.

Dass regelmäßiger Cannabis-Konsum dem Gedächtnis schadet, zeigt eine griechische Studie. Dabei verglichen Forscher des Universitätskrankenhauses in Patras drei Kontrollgruppen miteinander. Die erste Gruppe konsumierte Cannabis mindestens viermal die Woche über zehn Jahre lang, die zweite Gruppe fünf bis zehn Jahre lang und die dritte Gruppe bestand aus Abstinenzlern. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass die Merkfähigkeit, die Aufmerksamkeit und die Reaktionszeiten der 17- bis 49-jährigen Testpersonen durch jahrelanges Kiffen deutlich nachlassen. Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildung und Intelligenzquotient wurden herausgerechnet, so die Forscher.






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